Keine Verkehrswende ohne Barrierefreiheit – Redebeitag

Redebeitrag als Video und unten als Text.

Mein Redebeitrag auf der Demonstration #MobilitätswendeJETZT #keineA39 in Lüneburg am 10.10.2021 zum Thema Tielhabe, Barrierefreiheit und Mobilitätswende, Verkehrswende

Hier auch als Text, das war ein 5min Redebeitrag, da gehe ich auf viele Punkte nur sehr oberflächlich ein.

Für eine inklusive sozial-ökologische Mobilitätswende!

Die heutige Verkehrspolitik ist ableistisch, das heißt Menschen mit Behinderung werden diskriminiert. Die Menschen werden durch nicht passende Infrastruktur behindert, die Gesellschaft behindert sie mit ihren Barrieren.

Deutschland hat die UN-Behindertenrechtskonvention 2010 unterzeichnet. Die Unterschrift gaukelt guten Willen vor. Die Umsetzung lässt auf sich warten – etwa wie beim Pariser Klimaabkommen.

Das Auto bedeutet heute für viele Menschen mit Behinderung Freiheit. Nicht wenige Menschen legen sich eins zu, weil es für sie die einzige Möglichkeit ist, die physischen Hindernisse in ihrem Alltag zu überwinden.

Doch die Hindernisse sind kein Naturgesetz, wie oft suggeriert wird. Mich ärgert, dass Menschen mit Behinderung gar als Argument genutzt werden, um zu behaupten, man könne nicht auf das Auto verzichten.

Wenn die Barrierefreiheit in Mobilitätskonzepten von vorne herein mitgedacht wird, lassen sich Lösungen und Wege finden. Davon bin ich überzeugt.
Es darf und kann keine Verkehrswende ohne Barrierefreiheit geben.

Ich bin Rollstuhlfahrerin und habe kein Auto und das ist gut so. Mich behindert aber die nicht passende Verkehrsinfrastruktur, wie die nicht barrierefreie Bushaltestelle um die Ecke, der Bus der mich stehen lässt, weil es keinen Platz für mich drin gibt oder die Anmeldefrist für den Mobilitätsservice der Bahn. Die ICE und IC haben Treppen. Wenn ich mitfahren will, muss ich mich Tage zuvor anmelden, um Unterstützung mit Hublift beim Einsteigen zu erhalten. Spontan Bahnfahren ist so unmöglich.

So wird es nichts mit Verkehrswende!

Und selbst wenn es mit der Anmeldung klappt, läuft es dann anders als Reibungslos ab. Ich habe deshalb mal ein ICE an der Abfahrt gehindert. Die Zugchefin lehnte meine Beförderung ab, weil die Behinderten-Toilette außer Betrieb war. Ich setzte mich daher vom Rollstuhl auf die Stufen im Eingang des ICE um und blockierte die Tür 15 min lang, bis ich mein Recht mitzufahren, durchsetzen konnte.

Direct action hilft!

Als Ideen die in Konzepte für die Stadt eingebaut werden könnten, fallen mir spontan Rollstuhl-Fahrradtaxen, Dreirad-Angebot im über die Stadt verteilten Bahnrad-Mietservice, Car-Sharing-System mit Fahrzeugen, die Rollstühle befördern können, ein.

Eine Errungenschaft wäre auch… die Einhaltung bestehender Gesetze durch die zuständigen Kommunen und Landkreise.

Das Personenbeförderungsgesetz sieht vor, dass für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs bis zum 1. Januar 2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen ist. Das Gesetz ist aus dem Jahr 2013. Lüneburg ist weit davon entfernt.

Der Platz am Sande wird nicht umgebaut, die Begründung der Stadt warum es noch keine Konzepte gibt? Aussehen ist wichtiger als Teilhabe und Inklusion.

„Der Platz Am Sande dient als zweiter zentraler Umstiegsplatz in der Lüneburger Innenstadt […] Mit Blick auf eine Umgestaltung sind hier in erster Linie der Denkmalschutz und die Stadtbildpflege zu beachten […]

Wenn ihr von Missständen erfährt, meldet sie – auch die kaputte visuelle oder akustische Haltestellenanzeige im Bus kann man bei KVG melden, selbst wenn ihr nicht taub oder blind seid. Verbreitet die Kritik von Betroffenen zb über Social Media weiter.

Ich hoffe, dass der neue Stadtrad sich das Thema Barrierefreiheit annehmen wird.

Veränderungen wird es aber nur mit Druck von unten, von verschiedenen politischen Akteuren geben.
Dabei ist es wichtig, dass nicht über sondern mit den Menschen mit Behinderung gesprochen wird. Zu oft werden Projekte umgesetzt, ohne sie als Experte in eigener Sache zu involvieren oder auf ihre Kritik zu hören.

Kurzrum:
Ich plädiere für einen Zusammenschluss von Menschen aus den Klima- und Behindertenrechtsbewegungen, für direkte gemeinsame Aktionen.

Das war ein 5min Beitrag, ein ausführlicher Text habe ich vor ein paar Monaten geschrieben